06 Juni 2012

Von Tag zu Tag geht es irgendwie weiter....

Hallo Ihr Lieben,

ich starte in Tag 3 danach...

Ich hoffe, dass ich bald wieder zum normalen Alltag zurückfinden kann. Denn es ist einfach unglaublich, was mit mir in den letzten Tagen passiert.

Sonntag Abend habe ich natürlich im Schock erlebt. Man tut, was getan werden muss. Informiert die wichtigsten Stellen, geht zur Polizei. Erlebt alles irgendwie im Zeitraffer und begreift noch nicht, was wirklich passiert ist. Der Puls rast, das Adrenalin schießt durch den Körper in der ersten Aufregung. Auf dem Revier kam dann die "Watte", durch die man sich mühsam zu kämpfen versucht.

Am Montag habe ich einfach nur funktioniert. Schließlich musste ich noch über 600 km nach Hause fahren. Einfach ein Horrortrip: man sitzt in einem Auto, ohne einen Cent Bargeld, ohne Handy für den Notfall und mit einem Gefühl im Magen, der jedem Fremden gegenüber mißtrauisch macht. Ich habe die ganze Fahrt über das Auto nicht verlassen....

Am Dienstag, also gestern, habe ich versucht, erst einmal alle wichtigen Stellen zu kontaktieren. Ich hätte mir auch den Telefonhörer ins Ohr implantieren lassen können - ich hing von 8 Uhr morgens bis 19 Uhr an der Strippe - nochmal Polizei in Hamburg, die Gemeinde vor Ort, diverse Banken und die Versicherungen. An Alltag war nicht zu denken, geschweige denn an Arbeiten oder einfach nur mal Durchatmen.

Heute falle ich gerade in ein Loch. Meine Gedanken spielen verrückt, ich traue mich nicht aus dem Haus, schließe panisch alle Fenster, habe gestern sogar meine Tochter beim Spielen im Garten ständig dazu angehalten, das Gartentor zu schließen. Als würde das im Ernstfall etwas helfen.... :( Ich war gestern nur ein wenig im Garten - mit meinem Mann an meiner Seite, nicht alleine.

Wer mich persönlich kennt, weiß, wie tough ich bin und sein kann. Mich erschreckt diese Situation so unendlich, denn ich kann diese Gedanken weder steuern noch abschalten. Und ich habe Angst, ja - nackte Angst.

Angst, dass hier jetzt auch noch eingebrochen wird. Angst, dass meinen Lieben etwas passieren könnte. Angst, dass mir noch etwas passiert, wenn ich aus dem Haus gehe.

Und auch Angst davor, Fremden zu begegnen. Ich konnte den Täter ja sehr gut beschreiben, habe sein Aussehen registriert, da ich ein sehr gutes Gesichtergedächtnis habe. Das habe ich immer als einen Vorteil betrachtet, weil ich mir immer "meine Mamas und Kinder" gut merken und zuordnen konnte. Im Moment stellt sich dies als Problem heraus. 

Ich habe Angst davor, einem dunkelhaarigen Osteuropäer auf der Straße zu begegnen ... und diesem dann entweder eine reinzuhauen oder schreiend davon zu rennen. Da bleibe ich lieber in meinen sicheren 4 Wänden...

Und ich habe eine Wut im Bauch. Auf diesen gerissenen Profi ohne Gewissen und das, was er mir gerade antut. Was er damit auch meiner Familie antut. Wie dieser Unmensch sich in meinen Gedanken und in meinem Tun festsetzt und ich kann nichts dagegen tun.

Ich weiß nicht, ob es richtig ist, dies alles hier zu schreiben. Ob es euch überhaupt interessiert, denn wenn man so etwas nicht selbst erlebt hat, kann man es wirklich nicht nachvollziehen. Ich weiß das jetzt. Auf diese Erfahrung im Leben hätte ich von Herzen gerne verzichtet und ich wünsche sie meinem ärgsten Feind nicht.

Aber es hilft mir, es von der Seele zu schreiben. Und ich möchte hier auch gerne ein dickes Dankeschön an euch alle da draußen richten - ich habe gestern so viel liebe Zuwendung, Aufmunterung und Unterstützung, virtuelle Umarmungen, Mails und Anrufe erhalten. Ich bin überwältigt, wieviel Anteil genommen wird. Ihr könnt mir glauben, jedes Wort ist Balsam für die Seele und ich bin dankbar dafür, dass es euch gibt!

Besonders dankbar bin ich aber für meine Familie. Die mich umsorgt, auf mich aufpasst und aufmuntern möchte. Besonders mein Mann ist mir gerade eine liebevolle Stütze und Hilfe. Und so langsam kommt doch die Erkenntnis durch, dass ich gerade auch in dieser Situation wirklich noch dankbar sein kann.

Dankbar, dass ich am Leben und gesund bin. Dass nicht mehr passiert ist. Dass ich heile und unversehrt wieder zu Hause angekommen bin. Die seelischen Wunden werden heilen - so die Hoffnung. 

Und die Hoffnung stirbt zuletzt.

Auch darauf, dass dieses verkommene Subjekt seine gerechte Strafe irgendwann erhalten wird. Es gibt eine höhere Instanz, vor der er sich eines Tages zu verantworten hat und er wird seine Belohnung für seine Taten mit Sicherheit erhalten. Daran glaube ich fest und das gibt mir auch ein wenig Halt.

Nun werde ich versuchen, einen weiteren Tag durchzustehen. Und die Hoffnung zu hegen, dass dieser Unmensch nicht weiter mein Leben bestimmen wird und sich alles wieder einrenkt.

Ich danke euch von Herzen, auch dass ihr meine langen Texte bis zum Ende lest :) und mich so liebevoll versucht, aufzufangen.

Seid von Herzen lieb gegrüßt, ihr alle da draußen, und passt auf euch auf!

Eure Jennifer

10 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Hallo Jennifer,
jaaa, schreibe ruhig weiter, es hilft. Auch wenn du dich dann immer wieder dran erinnerst. Manchmal muß es erst schlimmer werden, damit es besser wird. Aber du mußt das Erlebte aufarbeiten, damit du es gut verarbeiten kannst und du bist auf dem richtigen Weg.
Kopf hoch, schön, dass du eine so liebe Familie hast.
LG Annerose

liluscrafts hat gesagt…

sent you some more hugs!!!! It´s good to talk about the things,it helps, maybe you can´t see that jet, but you will in future and then you stand even stronger!!!


Hugs lilu

Sportmops lernt nähen hat gesagt…

Liebe Jennifer,
ich kenne das Gefühl. Wir wurden am hellichten Tag im Berlinurlaub ausgeraubt und standen wie Du ohne alles da, sogar das Insulin von meinem Mann war weg.
Das Gefühl begleitet dich noch eine weile, schreibe es raus oder schreie es raus, glaube mir das hilft.
Kopf hoch.
Liebe Grüße aus Mannheim
Simonbe

Zitroenchen Design hat gesagt…

das war eine sehr traurige und schockierende Erfahrung, die du da machen musstest. Das tut mir im Herzen leid für dich! Ich wünsche dir viel Kraft und dass ich alles wieder zum Guten wenden wird.

glg
Chrissi

Sewberry hat gesagt…

Schreib Dir nur alles von der Seele. Ich finde es schön, dass Du Halt und Unterstützung in der Familie hast. Ein furchtbares Trauma. Ich wünsche Dir viel Kraft und vor allem Deine Lebensfreude zurück. Es wird vielleicht noch ein bisschen dauern- gib Dir selbst die Zeit, die Du brauchst.

Ganz liebe Grüße
Dani

Angelas Teddywelt hat gesagt…

Ach liebe Jenny,
ich muss Dir ehrlich gestehen, dass Du mir nicht aus dem Kopf gehst...;O)
Dein "Erlebnis" IST der blanke Horror und ich glaube vllt. nur eine "Spur" von dem zu fühlen, was Du momentan empfindest! Für Dich eine schlimme Zeit, aber glaube mir, es wird sich ändern von Tag zu Tag ein klitzekleines Stückchen mehr, denn die Zeit wird Wunden heilen und es wird auch wieder der Tag kommen, an dem Du unbeschwert sein kannst und auch wieder lachst, aber alles braucht seine Zeit!
Ich hoffe, von ganzem Herzen, dass dieser Schurke gefasst wird, Menschen die stehlen, werden nicht glücklich! Ich denke auch, das jeder irgendwann seine gerechte Strafe bekommt, für das, was er anderen Menschen antut! Dein Lächeln wird wieder kommen und auch Deine Freude und Frohsinn und die Liebe zu Deinem Beruf wird auch wieder kommen ♥
Ich drück Dich von Herzen und wünsche Dir alles, alles erdenklich Liebe und Gute!
Bin ich froh, dass Du auch so einen tollen Mann an Deiner Seite hast ♥
Ganz liebe Grüße Anschi

Püppeles BUNTland hat gesagt…

♥♥♥....ach liebes...♥♥♥

...mir fehlen die worte....ich denke an dich, drücke dich und wünsche dir viel kraft...es wird alles wieder gut....ganz bestimmt nie mehr so wie vorher aber es wird gut...♥


gggglg nicole

mombiggi hat gesagt…

Liebe Jennifer,
hab es heute erst gelesen, und bin schockiert und betroffen darüber, was man dir angetan hat. Ein wenig kann ich es auch nachvollziehen, denn man hat mir vor vielen Jahren auch einmal die Tasche an der Arbeit geklaut, und die Angst, was noch passieren könnte, hat mich damals auch sehr in den Fängen gehabt... Ich denk an dich, drück dir fest die Daumen, dass die Polizei was erreicht, und vertrau auf deine Stärke und das liebevolle Umfeld, was du hast, dass du aufgefangen und getröstet wirst und nicht den glauben an das Gute im Menschen verlierst!
Drück dich lieb
Birgitt

Doris hat gesagt…

Liebe Jennifer,
mir fehlen einfach die Worte....lass Dich ganz arg umarmen;)
Liebe Grüsse
Doris

Katse hat gesagt…

Liebe Jennifer,

wenn Dir das schreiben hilft dass alles zu verarbeiten, dann schreib Dir alles von der Seele. Es ist einfach nur schrecklich was Dir da passiert ist.
Ich nehme Dich mal in den Arm und drück Dich.
Ganz liebe Grüße

Kstja